Unser Dorf - 2003


1820 kamen die ersten deutschen Siedler aus Hessen; es waren 80 Menschen.
1827 hat Pfarrer Großmann als erster Pfarrer in Mramorak gedient.
Zu dieser Zeit war das BANAT Bestandteil des Habsburgischen Reiches.
1867 wurde die Doppelmonarchie ("k.u.k.-Monarchie") Österreich-Ungarn geschaffen und unsere Heimat kam zum ungarischen Teil des Reiches.
Nach dem 1.Weltkrieg wurde das Banat im Friedensvertrag von TRIANON dreigeteilt; unsere Heimat wurde dem neugeschaffenen Jugoslawien zugeteilt.
Die "Deutsche-Evangelisch-Christliichen Kirchen A.B." erlebten im März 1931 einen Höhepunkt, als die 71 Gemeinden und 65 Filialen einstimmig Dr.Philipp Popp zum Bischof wählten. Rechtsanwalt Dr.Wilhem Roth aus Kikinda wurde zum weltlichen Präsidenten gewählt.
die Amtseinführung fand am 22.September 1931 statt. Es kamen Würdenträger aus 12 Staaten - unter ihnen auch Bischof Rendtorff.
Unter den sieben Dekanaten war das "Banater Dekanat" eines, bestehend aus neun Gemeinden und sieben Filialen mit etwa 15.00 Evangelischen.

1937, anläßlich des 50-jährigen Jubiläums unserer Kirche (die am 3.September 1887 eingeweiht worden war), kam Bischof Popp nach Mramorak zu diesem Fest. Er weilte einige Tage in unserer Ortschaft, war er doch ein Studienfreund von unserem Pfarrer Johannes Lang.
Ein Jahr vor ihm, am 3.September 1936, kam Bischof Dr.Gustav Szeberenyi aus Budapest anläßlich einer kanonischen Visitation nach Mramorak.

1939 brach dann der schreckliche 2.Weltkrieg aus und bald war auch Jugoslawien hineingezogen. Das jugoslawische Königreich brach auseinander. Die Kroaten gründeten einen eigenen Staat. Italien besetzte den größten Teil Sloweniens und einen Teil der adriatischen Küste, Ungarn die Batschka, Bulgarien den südlichen Teil Serbiens (Mazedonien). Serbien und das Banat bekamen eine eigene Verwaltung und unterstanden dem Oberfehlshaber der Deutschen Wehrmacht Südost. In Serbien regierte General NEDIC.
1941 - nach dem Balkankrieg - blieb das jugoslawische Banat ein von deutschen Truppen besetztes Gebiet. Die Deutschen in Mramorak atmeten auf. Sie hofften nun auf mehr Rechte für ihr Volkstum.
Das Banat bekam eine deutsche Verwaltung. Sepp Lapp, ein Franzfelder Rechtsanwalt, wurde zum "Banus" des Banats.
Doch diese Zeit "Deutscher Freiheit" währte nur drei Jahre. - Trotz des Krieges waren alle Völker im Banat gleichberechtigt. Jedes Volk hatte dort, wo es die Mehrheit besaßt, auch die Spitze der Verwaltung in den Gemeinden gestellt. So konnte jedes Volk auch neben den Volksschulen auch eigene Gymnasien errichten. So gab es z.B. in PANCEVO drei Gymnasien: ein deutsches, ein serbisches und ein ungarisches.

Bischof Popp hatte nach dem Zusammenbruch des jugoslawischen Staates die evangelische Kirche neu geordnet. Er übergab dem Senior des Banats, Wilhelm Kund, die Vollmacht zur Führung der Kirche. - Am 15.März 1942 wurde Franz HEIN von Bischof D.Heckel aus Berlin zum Bischof des Banats ordiniert. Der Pantschowaer Rechtsanwalt Lorand Menesdorfer wurde weltlicher Präsident. Diese "Kirche" hatte 15.000 Gläubige.
(Vergleiche die Beschreibung im Heimatbuch, Seite 127).
MRAMORAK zählte über 3.000 Glieder unter der Leitung von Pfarrer Lang (mit der Filiale in Kubin mit 100 und Bawanischte mit 300 Gläubigen).


Aber im Herbst 1944 mußten sich die deutschen Soldaten zurückziehen und die Partisanen TITOS, sowie das Heer der Sowjetunion besetzten das Banat.
Nun kam unsagbares Leid über die DEUTSCHEN. Sie wurden nicht nur vollkommen rechtlos, sondern auch zu Sklaven der neuen Herren: die einen wurden nach Rußland deportiert, die anderen kamen in die Vernichtungslager. Dort waen sie unter menschenverachtenden Verhältnissen interniert, wurden drangsaliert, erschossen oder fielen Krankheiten zum Opfer.
Allein aus Mramorak kamen 928 Menschen so zu Tode!

Ein besonderer "Blutzeuge unserer Kirche" sei hier erwähnt: Senior Kund. Er erlbete die ganze Vernichtungszeit. Gleich nach dem Einmarsch der Partisanen wurde er ins Gefängnis, ins Stockhaus, gebracht. Dort wurde er verprügelt, es wurden ihm Rippen und das Nasenbein gebrochen. Danach wurde er nach Brestowac ins Lager getrieben. Ohne Unterwäsche und ohne Schuhe mußte er dort leben. Mramoraker rFrauen jedoch verpflegten ihn heimlich, versorgten ihn auch mit Wäsche und Lebensmitteln. Dies konnten sie aus dem "Mramoraker Lager" noch tun, wo sie den Wachen entschlüpften.
Später kam auch Senior Kund in das Vernichtungslager nach Rudolfsgnad. Heimlich konnte er den Verhungerten Trost spendete. Er hielt auch Gottesdienste ab. Wurde er dabei entdeckt, wurde er mißhandelt und eingesperrt.
Im April 1947 starb er dort an Entkräftung. Seine Frau band ihm ein Fläschchen als Kennzeichen an seinen Knöchel, ehe man seinen Leichnam in das Massengrab versenkte.
(Siehe die Beschreibung im Heimatbuch Seite 129).

Pfarrer Lang, der 26 Jahre lang unserer Kirchengemeinde als Pfarrer gedient hatte, war der einzige Pfarrer, der in seiner Zeit einen rumänischen, einen serbischen und einen deutschen Bischof in seiner Gemeinde begrüßen konnte.
Er begrüßte auch Pfarrer Friedrich BOHLAND, ein Sohn der Gemeinde Mramorak im Jahre 1939 und feierte mit ihm in seiner Kirche einen gemeinsamen Gottesdienst mit einer außerordentlichen Konfirmationsfeier. (Siehe das Bild im Heimatbuch, Seite 144). Pfarrer Friedrich Bohlan ist das einzige Kind von Mramorak, das in der Zeit unseres Dorfes Pfarrer wurde; er ist der Bruder des Großvaters von Pfarrer Jakob Stehle - in Mramorak noch geboren!

Pfarrer Lang wurde von den Partisanen in seinem Pfarrhaus gelassen. Ihm gelang es als letztem und einzigem evangelischen Pfarrer in der Kirche den Gottesdienst bis zum 31.Oktober 1948 in deutscher Sprache zu halten. - Er spielte im Sommer an der Orgel und im Winter am Harmonium, dies auch in der Zeit des Mramoraker Lagers. Seiner Gemeinde jedoch war es in der Lagerzeit verboten, in die Kirche zu gehen. Angeblich hatten die Partisanen gedroht, die Kirche zu schließen, wenn in ihr kein "Kultus" (Gottesdienst) abgehalten würde.
Was mußten unsere Lagerleute wohl gefühlt haben, wenn sie die offene Kirche sahen und über dem Haupteingang das Bibelwort lasen "Gott ist unsere Zuversicht und Stärke" - sie, denen der Partisan zurief: "Diese sind für den Friedhof reif!" ?

Eine Zeitlang konnte Pfarrer Lang die Totenn noch bis zum Friedhof begleiten und aussegnen. Diese wurden zuerst in Särgen beerdigt, später wurden sie in ihren zerrissenen Kleidern begraben undzuletzt nur in einen Sack eingenäht.
Im November 1945 wurde das Mramoraker Lager aufgelöst und die Leute wurden nach Rudolfsgnad transportiert.

Am 7.November 1948 verließ auch Pfarrer Lang Mramorak. Kurz davor war die Kirche in einen Lagerraum der landwirtschaftlichen Genossenschaft umgewandelt und 1959 hat man sie vollkommen abgetragen.
Pfarrer Lang flüchtete inn der Heiligen Nacht 1956 aus Ungarn und kam nach österreich und über Nickelsdorf nach Wien. Am 14.Januar 1957 kam er in die BRD und wurde einige Monate später Schiffspfarrer von Aussiedlern nach Canada. Ab 1.Juli 1957 bis zu seiner Pensionierung am 13.1.1963 betreute er die Gemeinde Mehle bei Hannover. Er durfte sein Diamantenes Pfarrerjubiläum (60 Jahre Dienst) feiern.

Mit der Herrschaft TITOS ging das Kapitel der drei Schwabenzüge und der erfolgreichen Besiedlung des Banates zu Ende!

Schauen wir jedoch heute - 26.Februar 2001 - zurück, so müssen wir feststellen, daß er den SERBEN kein Glück brachte: Das Jugoslawien Titos ist auseinandergebrochen. Die Völker haben sich ihrer Selbständigkeit besonnen. Das "Rest-Jugoslawien" hat sich aber auch des letzten Diktators (Milosowitsch) entledigt und versucht den Weg in ein freies Europa zu finden.

Ob es uns - den HEIMATVERTRIEBENEN AUS DEM BANAT - wohl gegönnt ist, unseren Toten in unsererem alten Heimatort ein Denkmal zu setzen? - Oder sei es auch nur, daß man im Mramorak den Ort unserer Toten (den Neuen Friedhof) wieder so gestaltet, daß jeder weiß: Hier ruhen die Toten der einstigen deutschen Bevölkerung von Mramorak, jene, die zur Geschichte dieses Dorfes gehören.
Für uns alle, die wir am Mittwoch, 13.August 2003, auf dem Friedhof standen, war die Feier der Gedenkandacht mit unserem Pfarrer Jakob Stehle einerseits ein Sich-Erinnern als auch Ein-Abschiednehmen. Wohl alle dachten an irgend einen Angehörigen und hörten gerne die Botschaft, daß sie alle in Gottes Hand ruhen - auch ohne Grabstein.
Das Dorf Mramorak hat seinen Ausgangspunkt in einer kulturellen und völkischen Vielfalt begonnen und von 1820 - 1945 (also 125 Jahre!) gelebt. Alle im Dorf haben gezeigt, daß man trotz völkischer und religiöser Verschiedenheit in friedlich Koexistenz (und auch unter verschiedener Herrschaft) gelebt.
Wenn das nicht ein Beispiel für EUROPA ist - was dann?



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